Schwäbisches Tagblatt vom 24.11.2004
DUSSLINGEN (jon). Pinatubo. Mount St. Helens. Vesuv. Solche Namen lösen Schrecken aus und erwecken zugleich höchstes Interesse. Über die Erdkruste sind immer noch tätige Vulkane verstreut. Im Steinlachtal gehören die Erdgewaltgesellen seit längerer Zeit nicht mehr zum landschaftlichen Erscheinungsbild. „Schwäbisch-badischer Vulkanismus“ hieß der Vortrag von Prof. Gregor Markl auf dem Höhnisch.
Was da beim Karl-von-Frisch-Abend am Montag geboten wurde, erregte reges Wohlgefallen unter den Besuchern, die die Aula bis aufs letzte Eckplätzchen füllten. „Als ich studierte, wäre so ein Professor kaum denkbar gewesen„, sagte eine Mutter, die durch sein Auftreten die Uni-Angst der Schüler schwinden sah. Höchstes Lob für Gregor Markl, den mit 33 Jahren jüngsten Professor Tübingens, den Schulleiter Heinz Weigold als Redner bei einem „kleinen Jubiläum“ begrüßte, da zum zehnten Mal in Folge ein namhafter Wissenschaftler vors Publikum trat, um Aufschluss über sein Fachgebiet zu geben.
Markl fühlte sich geradezu prädestiniert dazu, einer seiner Kollegen sei schließlich ein Großneffe des Naturforschers und seine Mutter habe mit einem seiner Söhne sogar einmal Kaffee getrunken.
Subduktionszonen. Plinianische Eruptionen. Phreatomagmatismus. Von einem wissenschaftlichen Vortrag lässt sich wohl eine ordentliche Portion Fachbegriffe erwarten. Samt begreifbarer Erklärungen.
Für Markl sind Vulkane aber auch einfach eine Art Pickel auf der Erdkruste, die von Zeit zu Zeit ausgedrückt werden. Sein Vortrag war eine mit Witz angereicherte Mischung aus Abenteuererzählung, Reisebericht und Wissenschaftsgeschichte. Berufsberatung inklusive. Vulkanologe zu werden ist nicht unbedingt empfehlenswert. Auf der Skala der Gefährlichkeit der Berufe rangiert dieser Beruf noch vor den Helikopterpiloten. So berichtete er von einem Kollegen, der nächtens auf dem Stromboli einem Bedürfnis abhelfen wollte und dabei mit dem beturnschuhten Fuß in die heiße Masse geriet.
Markl führte in die verschiedenen Formen des Vulkanismus ein, sprang vom Ozeanboden nach Tansania, von den Philippinen in die Landschaft der Eifeler Maare, blieb aber weitgehend heimatbezogen im Hegau, am Kaiserstuhl und natürlich auf der Alb. Er unterrichtete über die thermischen Anomalien unter Bad Urach und klärte die Frage, ob sie mit dem Meteoriteneinschlag beim heutigen Nördlingen zu tun hätten. Die Schwäbische Alb ist „durchkäst“ von Tuffschloten, eine Folge des paläozoischen Magmatismus, der sich aber seinerzeit „relativ unspektakulär“ vollzog. Im Gegensatz steht der Vesuv, der heute noch die Millionenstadt Neapel bedroht, nachdem schon der Geschichtsschreiber Plinius seine Eruptionen eingehend beschrieben hatte.
Der Professor führte auch ein klein wenig in die geowissenschaftiche Analytik ein, wie sie an seinem Institut betrieben werd, umfangreiches Kartenmaterial und viele Bilder begleiteten seinen freien Vortrag, von den Gipsabgüssen aus Pompeji bis zu spektakulären Aufnahmen heißer Staub-Asche-Wolken.
In der Pause boten die Schüler der achten Klassen Quiche, Cidre und französischen Rotwein an, um ihren Frankreichaufenthalt finanzieren zu können. Im Verein mit einem Spendenkorb brachte man hilfreich Summen zusammen. Die Besucher widmeten sich der Besichtigung der Ausstellungen von Garten-AG und Bienen-AG und ein Quiz gab es auch. Danach entwickelte sich noch eine muntere Fragerunde samt Markl'scher Präsentation weiterführender Literatur. Nach zwei Stunden Vulkanologie strömte die wissenserweiterte Menge hinaus in die kalte Nacht. Überm Albtrauf war kein magmatischer Feuerschein zu sehen. Naja, das hätte auch das Maß gesprengt.