Seit dem Schuljahr 2007/08 gibt es diese Schulpartnerschaft und seitdem trafen sich Jugendliche aus Israel und dem Steinlachtal regelmäßig bei uns und zum Gegenbesuch im Kibbuz Ma'agan Michael bei Caesarea, direkt am Mittelmeer am Fuße des Carmel-Gebirges gelegen. 1949 legten jüdische Siedler hier den Grundstein für ein bis heute funktionierendes Projekt von gemeinschaftlichem Leben und Arbeiten. Das Kibbuz arbeitet wirtschaftlich so erfolgreich, dass es in ganz Israel bekannt ist und vor Jahren einen Aufnahmestopp für neue Mitbewohner verhängen musste.
Gewöhnlich bestimmen Nachrichten über den Nahost-Konflikt in unseren Medien das Bild von Israel. Der Konflikt um Palästina spielt auch eine wichtige Rolle bei unseren Besuchen. Wir werfen, wenn möglich, immer auch einen Blick über die ‚Mauer‘ auf das von Israel besetzte Westjordanland. Anlaufpunkt ist dabei unter anderem die deutsche Schule in ev. Trägerschaft, Talitha Kumi, gleich hinter dem Checkpoint auf dem Weg nach Bethlehem. Zwei ehemalige Schulleiter kamen aus Tübingen und auch ein Kollege und Mitinitiator dieses Austauschs, Stefan Walz, hat einige Jahre als Lehrer in Talitha unterrichtet. Der Perspektivenwechsel scheint uns unverzichtbar.
Im Zentrum des Austauschs steht aber die Begegnung mit den israelischen Jugendlichen, ihren Familien, der Schule, dem Land und seiner jüdischen Kultur. Und da gibt es viel Neues, Beeindruckendes und Schönes zu sehen und zu erfahren – Jerusalem als Mittelpunkt dreier Weltreligionen, das moderne säkulare Tel Aviv, die Herodes-Festung Massada am Toten Meer, christliche Stätten am See Genezareth, der Golan an der Grenze zu Syrien… Am schönsten und wichtigsten ist aber die bisher jedes Mal intensive und gelungene Begegnung der jungen Menschen, in den Familien und mit den Lehrern.
1948/49, bei der Gründung beider Staaten Israel und der Bundesrepublik, war die Beziehung beider Völker völlig zerrüttet auf einem Tiefpunkt und damals war kaum vorstellbar, dass sich deutsche und jüdisch-israelische Jugendliche einmal ohne Vorbehalte und Vorurteile begegnen. Zwei Generationen später ist es aber möglich, gemeinsam an politischen, historischen, kulturellen und religiösen Themen zu arbeiten, zusammen zu feiern und zu musizieren. In kaum einer der israelischen Gastfamilien gab es nicht Opfer des Holocaust. Aber beide Seiten stellen sich diesem Schatten mit Offenheit und gebotenem Respekt. Und es ist gelungen, Vertrauen und Freundschaften aufzubauen.
Die Vor- und Nachbereitung der Reise nach Israel dauert für jede Schülergruppe ein ganzes Jahr. Im Rahmen eines Israel-Seminarkurses treffen wir uns wöchentlich und beschäftigen uns mit Israel, dem Judentum, dem Nahost-Konflikt. Nach der Israelreise schreiben unsere Elftklässlerinnen und Elftklässler eine Hausarbeit zu einem selbstgewählten Thema mit dem Schwerpunkt Israel. Hausarbeit und anschließendes Kolloquium können die mündliche Abiturprüfung ersetzen. Zu dem Konzept des Austauschs gehört eine gründliche inhaltliche Auseinandersetzung mit den vielen Facetten des interessanten Landes und seiner Kultur, was so im schulischen Rahmen sicher etwas Besonderes ist.